"Feichten", mundartlich für Fichten
Sachrang
913
Breitengrad: 12.26198004928
Von Landesgrenze Bayern/Tirol durchzogen. Von Erl über Trockenbachtal und Forststraße anfahrbar, das letzte Stück aber nur Almsteig/Triebweg. Auf Bayerischer Seite vom Priental her über Fahrstraße bis zur Baumgartenalm erreichbar. Auch hier die letzten 300 Höhenmeter nur Steig.
Hochplateau auf dem Höhenrücken, der sich vom Spitzstein über Klausenberg, Predigtstuhl zum Heuraffelkopf zieht, leicht nach Südwesten geneigt. Tiroler Teil z. T. Westhang.
normal
1921: Insgesamt 57 ha Lichtweidefläche: auf bayerischem Gebiet 28 ha Lichtweide und 10 ha Waldweide, auf Tiroler Gebiet 19 ha Lichtweide.
Die Waldweide wurde inzwischen abgelöst.
Die auf dem Urplan von 1811 ("Historische Karte in BayernAtlas") eingezeichnete Lichtweidefläche entspricht im Wesentlichen auch der heutigen noch.
Kaser
Auf Feichten stehen noch ein intakter Kaser ("Unterreichenauer-Kaser") und eine Ruine. 1812 war der Kaser vom Unterreichenauer erneuert worden (Einkerbung am Firstbaum). 1958 waren beide Kaser von einem Unwetter stark beschädigt worden. Wieder instandgesetzt wurde daraufhin nur noch einer der beiden. Der andere wurde dem Verfall Preis gegeben (s. Zeitungsbild von 1979) Den Zustand von 2005 sieht man auf diesem Bild.
Der Kaser ist gemauert und verfügt über ein Blechdach (Foto von 2005)
Der Kaser steht unter Denkmalschutz. Begründung: "Alm, sog. Feichtenalm, eingeschossiger Frackdachbau mit teils verputztem Bruchsteinmauerwerk, bez. 1812".
Bemerkenswert ist der Firstbaum, der die Einkerbungen trägt: 1812, INRI, CMB, die Initialen der Unterreichenauerleute JPBP (für Josef und Barbara Pletzenauer), die vermutlichen Initialen des Zimmermeisters GHZ sowie das Gebet "Gelobt sei Jesus Christus in Ebikeit Amen" (s. Foto)
1541 Almordnung für die Ebbser Bauern. Hiernach sind die zwei Reichenauer von Sachrang sowie der Atzenbichler und der Greiterer aus dem Gericht Kufstein berechtigt. Während die beiden Reichenauer Schmalz als Gegenreichnis abzuliefern hatten, waren die Tiroler beitragsfrei. (zaglacher-unsere-almen). In einem Vertrag von 1684 (Cramer-Klett`sches Archiv) ist geregelt, dass das Holz für die Hütten, Zäune, Tröge etc. vom Tiroler Staatswald bezogen werden kann.
Mehrmals wurden Weiderechte hin- und herverkauft. Schließlich besaß im Jahr 1885 der Unterreichenauer (Pletzenauer) als einziger Almfahrer das gesamte Weiderecht mit 60 Rinderschlägen. Er konnte sogar den Tiroler Teil eigentümlich an sich bringen. Der Bayer. Teil gehörte seit 1875 Baron Cramer-Klett von Hohenaschau. 1921 übten auf dem Bayer. Teil Vater und Sohn Pletzenauer das Weiderecht aus, nachdem der Hof übergeben war und der Übergeber als Austragler einen Hof in Frasdorf erworben hatte. (almerhebung-1921). 1923 war alles wieder vereinigt beim Unterreichenauer.
Ab Mitte der 1950er-Jahre trieb der Unterreichenauer nicht mehr auf und verkaufte seine Rechte sowie seine Eigentumsfläche auf Tiroler Gebiet an Baron Cramer-Klett. Cramer-Klett war jetzt, nachdem ein Großteil seines Hohenaschauer Gutsbesitzes 1932 an den Bayer. Staat verkauft worden war, Weideberechtigter auf dem bayer. Teil und Eigentümer auf dem Tiroler Teil.
Quellen: woerndl (s. dort Primärquellen)
1812
Erneuerung des Unterreichenauer-Kasers
Bayer. Teil: Freistaat Bayern, Forstverwaltung. Tiroler Teil: Baron Cramer-Klett.
Fahrstraßen führen von Erl über das Trockenbachtal und vom Priental über die Baumgartenalm jeweils nur bis ca. 1 km (200 - 300 Höhenmeter) unterhalb der Almfläche. Die restliche Wegstrecke ist nur zu Fuß zurückzulegen.
Pächter ist der Roaner von Erl (Stand 2021)
Bestoß Statistik
1898: 8 Kühe, 46 Jungrinder, 2 Kälber (Weideviehbeschrieb Revier Sachrang)
1921: 10 Kühe, 42 Rinder, 12 Kälber 3 Ziegen (almerhebung-1921)
1958: 60 Rinderschläge (forsteinrichtung)
1969: 26 Kalbinnen ("Der Almbauer" 8/1969)
2021: 48 Stück Jungvieh (Angaben des Pächters)
Ab etwa 1930 bis Mitte der 1950er-Jahre Betrieb einer Almwirtschaft. Der Pletzenauervater unterhielt seine Gäste auch mit Musik und Gesang. Allerdings mussten alle Lebensmittel und Getränke mühsam mit Kraxen hinaufgetragen werden. In den "Hüttenbüchern", die noch vorhanden sind, finden sich neben Fotos viele interessante und lustige Einträge, vielfach mit Zeichnungen versehen. (Gemeindearchiv Aschaui.Ch.)
Hier einige Beispiele: Der Pletzenauervater 1937 (Bild 1) (Bild 2), Gäste 1934 (Bild), Gäste 1937 (Bild), der Peltzenauer und sein Sohn beim Musizieren 1934 (Bild),
1921 waren noch zwei Sennerinnen und ein Hirte auf der Alm. (almerhebung-1921) In den 1920er-Jahren gab es mehrmals Vorfälle in Zusammenhang mit Wilderei. (woerndl)
Zu den Almleuten s. a. bei Tourismus.
1969 wurde die Feichtenalm im Zuge der Hauptalmbegehung des AVO aufgesucht.
In zwei noch vorhandenen Hüttenbüchern aus der Zeit von 1930 bis 1950 finden sich viele interessante und humorvolle Einträge (Gemeindearchiv Aschau).
Ludwig Benedikt Freiherr v. Cramer-Klett
Baron Ludwig Benedikt von Cramer-Klett hat die Feichtenalm als Jagdgebiet sehr geschätzt. In seinem Buch "Glückselige Einsamkeit" schreibt er 1982:
"Die Feichtenalm ist in ihrer Art eine der schönsten Hochalmen, die ich kenne. Man kann sie und ihre Besonderheit mit einem einzigen Wort deutlich machen: sie ist himmelnah. Ohne dass in ihrer näheren Umgebung irgendein Berg sie überrage, zieht sie sich als langes, nicht allzubreites Hochplateau (eigentlich ist sie eine zur Terrasse verbreiterte Schneid) sanft abfallend von Norden nach Süden, liegt offen und nie beschattet, ja sogar baumlos, dicht unter dem Himmel. Ich kenne kaum eine größere Wanderseligkeit, als, wenn ich sie nach langem Aufstieg von Norden her endlich erreicht habe, mich tief eratmend auf einen Felsblock niederzulassen und über ihre weite wellige Fläche, die man meint dem Himmel sich entgegenheben zu sehen, hinweg in die fernen Schneegipfelketten der Tiroler Alpen hineinzuschauen.
Es ist schwer, die Spielhähne auf dieser Alm fest auszumachen. Hier gefällt es ihnen allenthalben. Es gibt in den zahlreichen tiefen, quer zum Plateau verlaufenden Einbruchsmulden bis in den Mai hinein überall Schneeflecke, die abwechselnd zum Tanz einladen. Aber das ist's nicht einmal, was die Feichtenhahnen so unstet macht. Da gibt es noch einen anderen Grund: die Alm beginnt fast unmittelbar unter dem Gipfel des Zinnkopfs, er ist ihr höchster Punkt, von ihm weg senkt sich die allmählich sich verbreiternde Almfläclıe sanft nach Süden. Der Nordhang des Zinnkopfes dagegen ist ein großes Latschenfeld, und da, wo die Latschen aufhören, beginnt eine andere Alm, die Klausenalm. Wahrscheinlich brüten die meisten Spielhennen dieses Gebietes in eben jenen Zinnkopflatschen, und wenn sie zu - oder abstreichen oder eines Morgens gar nicht auf den Balzplatz kommen, wissen die Hähne sie irgendwo um den großen Kogel herum zu finden. Dieser mächtige stumpfe Latschenkopf riegelt, wenn man vom Aschauer Tal her der westlichen Gipfelkette entlangschaut, als höchste Erhöhung den Blick nach Süden ab. Hahngesegnet ist dieser Berg. Von allen Seiten her umkrugelt und umgurrt und umgluckert ihn im Lenz das Lied der kleinen schwarzblaublitzenden Sänger…
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