Zum heutigen Unterwössen, das sich bis 1972 in Unter- und Oberwössen aufteilte, gehört das Gros der Achentaler Almen. Von 1976-1979 bildete Schleching zusammen mit Unterwössen die „Verwaltungsgemeinschaft Achental“. Nach einer Volksabstimmung kamen die zuvor zu Oberwössen gehörigen Ortsteile Achberg, Wagrein und Streichen zur Gemeinde Schleching. Die Almen dieser Ortsteile sind in unserer Datenbank entsprechend dem heutigen Stand nicht Unterwössen sondern Schleching zugeordnet.
Es ist ganz erstaunlich, wie viele Almen noch heute in Unterwössen existieren und teilweise auch bewirtschaftet werden, obwohl die Geschichte der letzten zweihundert Jahre eigentlich eine Geschichte des Niedergangs der Almwirtschaft darstellt, der Auflösung und oft des Abrisses von Kasern, gefolgt vom Zuwachsen der Almlichten und Aussterben vieler Pflanzen- und Tierarten.
Begonnen hatte der Niedergang der ursprünglich gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der Almen schon nach der Säkularisation zwischen 1803 und 1848, als die Bauern Eigentümer ihrer Höfe wurden. Ab hier begannen die Zertrümmerung von Höfen und der Verkauf von Almen und Almrechten. Darunter litten dann auch die Gemeinschaftsaufgaben. Auch der Übergang von der Dreifelderwirtschaft zur Grünlandwirtschaft verstärkte diese Entwicklung.
Einen wesentlichen Einschnitt bedeutete auch der 1. Weltkrieg und seine Folgen. Die Bauernsöhne mussten im Krieg dienen – viele fielen in den Gefechten, also fehlten auf den Höfen die Arbeitskräfte und Hofnachfolger. Die Pferde wurden ebenfalls rekrutiert, es fehlte die Zugkraft für die Bestellung der Felder und Äcker. Das Ergebnis war eine Verarmung des Bauernstandes und eine drastische Verknappung der Lebensmittelversorgung.
Die Gemeinde Unterwössen stellte 1943 an das Staatsministerium für Wirtschaft, Abteilung Landwirtschaft den Antrag auf Erweiterung des Aufbaugebietes der Gemeinde Schleching für Unter- und Oberwössen. Dabei galt als ein Schwerpunkt die Almwirtschaft. In der Situationsbeschreibung hieß es: „Einst blühte in der Gegend die Almwirtschaft. Seit über 100 Jahren erlebte sie einen dauernden Rückgang. Stand eine Alm zum Verkauf, so wurde oder vielmehr konnte sie nicht von einem anderen Bauern erworben werden, sondern der Staat oder die öffentliche Hand kaufte sie. Eine der schönsten Almen ging auf diese Weise in den Besitz des Rinderzuchtverbandes über. Von den früheren Jahrzehnten vorhandenen Weideberechtigungen sind es heute nur noch ein Teil. Bei Anhalten dieser Entwicklung wird in längstens 150 Jahren fast keine Alm mehr vorhanden sein.“ In den Endkriegswirren und der der schwierigen Nachkriegszeit wurde der Antrag nicht mehr weiter verfolgt.
Nach dem 2. Weltkrieg schien der endgültige Untergang der Almkultur schon nicht mehr aufzuhalten zu sein. Das Almpersonal war nicht mehr bezahlbar, da nun Industriefirmen in Grassau, Unterwössen, Traunreut, Ruhpolding oder Siegsdorf wesentlich höhere Verdienstmöglichkeiten und eine ganzjährige Beschäftigung anboten. Nur noch einige unverwüstliche Traditionsbauern bewahrten ihr Almrecht und trieben auf.
Beim 4. Almbauerntag 1951 bemerkte der Bundestagsabgeordnete Bazinger: „A guate Almdirn kriagn is schwerer als an Oberregierungsrat.“ Der langjährige Alminspektor von Traunstein Niklas sprach in Kurzform aus seinem Herzen: „Die Bergbauern sind nur ein kleines Häuflein. Aber sie stehen im Grenzkampf, in der ununterbrochenen Auseinandersetzung mit den Naturgewalten. Während der Flachlandbauer immer betriebswirtschaftlich auf mehreren Füßen stehen kann und Ausweichmöglichkeiten hat, gleicht de Bergbauer mit seinem bergigen Grünland einem einhaxigen Invaliden. Seine Alm ist für ihn so etwas wie der Zwischenfruchtbau, darüber hinaus aber seine heimatliche Herzkammer und alles andere weniger ein Geschäft.“
Etliche Almgebiete wie am Hochkienberg, die Hörndlalm, am Rauschberg oder am kleinen Rechenberg wurden vollkommen aufgelassen. Auf vielen Almen steht nur noch ein kleiner Bruchteil der Kaser. Die aufgelassenen Kaserstätten kann man noch im Frühjahr an den Umrissen der Mauern und Vertiefungen der Kellerlöcher erkennen. Die Staatsforstverwaltung hat zielstrebig die Almrechte und Kaser für einen kleinen Betrag abgelöst und die ehrwürdigen Gebäude dem Erdboden gleich gemacht. Wer länger als 10 Jahre nicht auftrieb verlor das Almrecht. Einige zugehörige Kaser, die ja seit der Purifikation Anfang des 19. Jahrhunderts in das Eigentum der Bauern übergegangen waren, stehen noch funktionslos auf den Almflächen.